Heinrich Ehrhardt
Die folgenden Informationen wurden dem Heft "Zella-Mehliser heimatgeschichtliche Beiträge" von Konrad Elßmann entnommen.
Heinrich Ehrhardt wurde am 17.11.1840 in Zella St. Blasii geboren. Frühzeitig verwaist, wuchs er bei seiner Großmutter in ärmlichen Verhältnissen auf. 1854, nach dem Besuch der Volksschule, begann er bei seinem Vetter Peter Ehrhardt, der in Zella St. Blasii eine Schmiede und eine mechanische Werkstatt besaß, eine vierjährige Lehre. Seinem groben Lehrmeister war er jedoch zwei Monate vor Lehrabschluss davongelaufen, sodass er seinen Lehrbrief erst nach einem Vergleich durch einen Justizamtmann erhielt. Schon bald wurden Ehrhardts technische Talente sichtbar. Beim Mechaniker Elster in Benshausen entwarf und fertigte er in 5 Monaten eine Maschine zur Herstellung spezieller Holzschrauben für die Suhler Gewehrfabrikation.
1859 beginnen seine Wanderjahre. In der Eisenbahnwerkstatt Erfurt arbeitete er für 4 Taler Wochenlohn. Anschließend fertigte er beim Erfurter Glockengießermeister Wedel Matrizen für Nudelmaschinen an.
1864 geht er als Schlosser und Maschinenbauer zur Firma Bonsack/Hansen & Co nach Gotha. Hier werden auf seinen Rat hin von ihm entworfene Gewehrlauf-Doppelbohrmaschinen gefertigt. Diese wurden an die Suhler und Zellaer Gewehrindustrie verkauft. Am Erlös wird er mit 11 Talern und 20 Silbergroschen pro Stück beteiligt.
Er kommt in die bedeutendste Maschinenfabrik Sachsens, zu Richard Hartmann nach Chemnitz, wo er die Ausführung technischer Zeichnungen zu überwachen hat.
Sein großes Streben nach Weiterbildung auf mathematischem, technischem und kaufmännischem Gebiet bringt ihm die Stelle als Werktechniker in der Pumpenfabrik Liebelt. Als Techniker und Reisevertreter bei der Firma Baldauf erwirbt er Fähigkeiten in der Werbung und im Verkauf.
Seit 1866 ist er glücklich verheiratet mit Augustine Winkler, Tochter des bei der Firma Richard Hartmann tätigen Werkmeisters Michael Winkler. Mit seinem Schwager Colestin gründet er in Zella St. Blasii eine kleine Maschinenbauwerkstatt, in der Pumpen und Feuerspritzen gefertigt werden. 1867 entwirft Heinrich Ehrhardt einen Pfropfenzieher mit Glocke. Diese Erfindung verkauft er für 25 Taler an den Großkaufmann Georg Reißmann in Zella St. Blasii, der daran ein Vermögen verdient.Trotz seiner Erfolge ist Heinrich Ehrhardt ein einfacher Mensch geblieben, der auch als Leiter eines großen Unternehmens mit seinen Arbeitern freundschaftlich verkehrte.
Er setzte sich in beachtlicher Weise für den sozialen Wohnungsbau ein. In Zella St. Blasii baute er 180 Wohnungen, für die er nur 8 Reichsmark pro Monat verlangte. Bauwilligen gab er Tilgungshypotheken zum niedrigsten Zinsfuß, für die Ausstattung der Wohnräume erhielten sie billige Darlehen.
In Zella St. Blasii erhielt die Straße, in der sein Wohnhaus stand, seinen Namen. Später ernannte ihn die Stadt Zella-Mehlis zu ihrem Ehrenbürger.
Eine dänische Zeitung schrieb im Jahre 1901: "Für das Wohl seiner Arbeiter interessiert er sich lebhaft, auch in kleinen Dingen. Er sieht Fenstervorhänge als für die Bequemlichkeit unerlässlich an und hat die Arbeiterfamilie nicht die Mittel, solche anzuschaffen, dann kauft er sie auf eigene Rechnung..."Heinrich Ehrhardts Liebe zur Natur und zu seinem Heimatort führten ihn alljährlich mehrere Monate in den Thüringer Wald. In Zella veranstaltete er sogar jährlich ein Betriebsfest, zu dem er seine Arbeiter mit Familien einlud.
"Ein ganzer Wochentag bei voller Lohnzahlung wurde von seiner Belegschaft mit den Familienangehörigen im Walde gefeiert. Er spendete Rostbratwürste mit Semmeln, Bier und auch andere Getränke und die Musik zum Tanz."
Mit 81 Jahren zog sich Heinrich Ehrhardt in seine Heimatstadt Zella-Mehlis zurück. Er arbeitete weiter an Konstruktionen von Hochleistungswerkzeugmaschinen, bis einsetzende körperliche Gebrechen seinen unbändigen Schaffensdrang zum Erliegen brachte.